Deutschland, Europas größte Volkswirtschaft und eine globale Industriemacht, hat eine finanziell stabile Bevölkerung. Die Deutschen sind für ihre Spardisziplin bekannt, wobei die Sparquote der Haushalte oft höher ist als die anderer europäischer Länder. Trotz dieser ausgeprägten Sparkultur hinken die Deutschen beim Investieren, insbesondere am Aktienmarkt, anderen Industrieländern hinterher.
Viele Studien und Umfragen haben ergeben, dass die Deutschen konservativ investieren und sich stark auf Sparkonten mit niedriger Rendite, Anleihen und Immobilien verlassen, während sie Aktien und Börsenchancen meiden, die historisch höhere Renditen bieten.
Dieser Blog untersucht die Gründe für die vorsichtige Herangehensweise der Deutschen an Investitionen in Aktien und warum sie dadurch möglicherweise bedeutende Möglichkeiten zur Vermögensbildung verpassen.
Disclaimer: Bei diesem Beitrag handelt es sich nicht um eine Anlageberatung. Berücksichtigen Sie, dass die Investition in Finanzmärkte und Kryptowährungen auch mit Risiken verbunden ist!
1. Kulturelle Einstellungen zu Risiko und Stabilität
Einer der Hauptgründe, warum die Deutschen ihr Geld konservativ anlegen, ist tief in den kulturellen Werten des Landes verwurzelt: Sicherheit, Stabilität und Risikoaversion. Das deutsche Wort für Schulden ist „Schuld“, was auch „Schuld“ bedeutet und eine tief verwurzelte kulturelle Skepsis gegenüber finanziellen Risiken widerspiegelt. Diese Abneigung erstreckt sich auch auf den Aktienmarkt, der als von Natur aus riskant und volatil angesehen wird.
1.1. Historische Erfahrungen mit wirtschaftlicher Instabilität
Die Geschichte des Landes spielt bei der Gestaltung dieser Einstellungen eine bedeutende Rolle. Die Deutschen haben im letzten Jahrhundert mehrere Wirtschaftskrisen erlebt, darunter die Hyperinflation der 1920er Jahre und die verheerenden finanziellen Folgen des Zweiten Weltkriegs. Die Narben dieser Ereignisse haben dazu geführt, dass viele Deutsche finanzielle Sicherheit und Kapitalerhalt dem Streben nach höheren Renditen vorziehen, was sie gegenüber Marktschwankungen und spekulativen Investitionen misstrauisch macht.
1.2. Vorliebe für Sachwerte
Die Deutschen neigen auch dazu, Sachwerte wie Immobilien und Bargeldersparnisse zu bevorzugen. Die Vorstellung, ein Haus oder eine Immobilie zu besitzen, vermittelt ein Gefühl von Stabilität und Sicherheit, das die Börse einfach nicht bietet. Infolgedessen investiert der durchschnittliche deutsche Haushalt eher in Ziegel und Mörtel als in Aktien, die als Papiervermögen angesehen werden, das über Nacht an Wert verlieren könnte.
2. Vertrauensprobleme mit dem Finanzsystem
Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung der Deutschen, in den Aktienmarkt zu investieren, ist ein allgemeiner Mangel an Vertrauen in Finanzinstitute und den Aktienmarkt selbst. Viele Deutsche betrachten die Finanzmärkte als undurchsichtig und manipulativ, die in erster Linie darauf ausgelegt sind, großen Unternehmen, Banken und wohlhabenden Einzelpersonen auf Kosten des durchschnittlichen Anlegers Vorteile zu verschaffen.
2.1. Erinnerungen an die Finanzkrise
Die globale Finanzkrise von 2008 verstärkte viele dieser Ängste. Deutschland erlebte wie der Rest der Welt während der Krise einen massiven Börseneinbruch, der die Ersparnisse und Investitionen vieler Einzelpersonen zunichtemachte. Für diejenigen, die Aktien gegenüber bereits skeptisch waren, war die Krise ein weiterer Beweis dafür, dass der Aktienmarkt ein gefährlicher Ort ist, um ihr Geld zu parken. Während sich die Aktienmärkte in anderen Teilen der Welt, wie den Vereinigten Staaten, seitdem erholt haben und sogar florieren, bleiben die Deutschen vorsichtig.
2.2. Misstrauen gegenüber Finanzberatern
In Deutschland herrscht ebenfalls ein weitverbreitetes Misstrauen gegenüber Finanzberatern, die oft als Verkäufer angesehen werden, die Produkte anpreisen, die eher ihren Institutionen als dem einzelnen Anleger zugute kommen. Anders als in Ländern wie den USA, wo Finanzberatern und Vermögensverwaltungsfirmen allgemein mehr Vertrauen entgegengebracht wird, verlassen sich die Deutschen lieber nicht auf Berater, weil sie befürchten, in die Irre geführt oder zu Investitionen gedrängt zu werden, die nicht ihren Risikopräferenzen entsprechen.
3. Die Dominanz von Sparkonten
Deutschland ist eine der wohlhabendsten Nationen Europas und der durchschnittliche deutsche Haushalt ist finanziell recht konservativ. Viele Deutsche legen ihr Geld lieber auf Sparkonten oder in festverzinslichen Anlagen wie Staatsanleihen an, die als sicherer gelten, obwohl sie sehr niedrige Renditen bieten – insbesondere in der heutigen Zeit mit nahezu Null- oder Negativzinsen. Diese Abhängigkeit von Sparinstrumenten mit niedriger Rendite steht in krassem Gegensatz zu anderen Ländern, in denen Investitionen in den Aktienmarkt für diejenigen üblicher sind, die ihr Vermögen im Laufe der Zeit vermehren möchten.
3.1. Die Macht des Zinseszinses wird übersehen
Eines der Hauptargumente für Investitionen in den Aktienmarkt ist die Macht des Zinseszinses – das Potenzial, durch die Reinvestition von Erträgen im Laufe der Zeit Vermögen zu vermehren. Leider akzeptieren viele Deutsche dieses Konzept nicht vollständig. Stattdessen legen sie Wert auf Kapitalerhalt und Liquidität, die Sparkonten und Anleihen bieten, jedoch auf Kosten des Wachstumspotenzials.
3.2. Niedrige Zinsen und Inflation
Ironischerweise könnte die Vorliebe der Deutschen für Sparkonten und Anleihen in einer Zeit niedriger oder negativer Zinsen ihren Wohlstand im Laufe der Zeit tatsächlich verringern. Bei Zinsen nahe Null und steigender Inflation wird der reale Wert von Ersparnissen untergraben. Viele Deutsche legen jedoch weiterhin Wert auf die vermeintliche Sicherheit dieser Anlagen, auch wenn sie auf lange Sicht an Kaufkraft verlieren.
4. Mangelnde Finanzkompetenz und Börsenkenntnisse
Ein weiterer Grund für die schwache Performance der Deutschen an der Börse ist die mangelnde Finanzkompetenz. Obwohl Deutschland ein ausgezeichnetes Bildungssystem hat, ist Finanzbildung normalerweise kein Teil des Lehrplans. Infolgedessen wachsen viele Deutsche mit wenig Verständnis für die Börse auf, wie sie funktioniert oder wie man effektiv investiert.
4.1. Angst vor Komplexität
Viele Menschen, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, empfinden die Börse als übermäßig komplex. Begriffe wie Dividenden, Aktien, Volatilität und Derivate können für Uneingeweihte einschüchternd sein. Ohne ein umfassendes Verständnis dieser Konzepte ist es leicht zu verstehen, warum sich viele Deutsche dafür entscheiden, die Börse zugunsten einfacherer, vertrauterer Anlageformen ganz zu meiden.
4.2. Zurückhaltung bei der Suche nach professioneller Beratung
Obwohl Finanzberater helfen könnten, die Wissenslücke zu schließen, zögern viele Deutsche weiterhin, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen, oft aufgrund von Misstrauen oder der Wahrnehmung, dass Berater sich nur um die Wohlhabenden kümmern. Infolgedessen verpassen viele Menschen die Chancen, die ein gut diversifiziertes Aktienportfolio bieten könnte.
5. Regierungspolitik und Steueranreize
Regierungspolitik und Steuerstrukturen beeinflussen das Anlageverhalten ebenfalls erheblich. In einigen Ländern fördern Steueranreize die Beteiligung an der Börse, in Deutschland ist dies jedoch nicht der Fall.
5.1. Steuer auf Kapitalerträge
In Deutschland wird auf Börsengewinne eine Kapitalertragsteuer von etwa 25 % erhoben. Obwohl dies im Vergleich zu anderen Ländern nicht übertrieben erscheint, hält es dennoch viele Deutsche von Investitionen ab, da sie es als zusätzliches Risiko für eine bereits unsichere Investition betrachten.
5.2. Begrenzte Förderung von Aktieninvestitionen
Im Gegensatz zu Ländern wie den Vereinigten Staaten, wo es einen starken kulturellen Vorstoß zur Altersvorsorge über den Aktienmarkt gibt (z. B. 401(k)s, IRAs), konzentriert sich das deutsche System mehr auf traditionelle Renten- und Sparpläne. Obwohl es in Deutschland steuerbegünstigte Sparpläne wie Riester-Renten gibt, werden diese oft mit sichereren, weniger rentablen Investitionen als mit Aktien in Verbindung gebracht, was die konservativen Anlagegewohnheiten der Deutschen weiter verstärkt.
6. Trendwende: Langsame Hinwendung zu Aktien
Trotz der historisch vorsichtigen Anlagestrategie Deutschlands gibt es Anzeichen dafür, dass sich die Einstellung langsam ändert. Die Kombination aus niedrigen Zinsen, der Suche nach Rendite und einem gestiegenen Finanzbewusstsein veranlasst einige Deutsche, insbesondere die jüngeren Generationen, ihre Haltung zu Investitionen an der Börse zu überdenken.
6.1. Der Aufstieg der Robo-Advisors
Eine Entwicklung, die dazu beigetragen hat, dass mehr Deutsche an die Börse gehen, ist der Aufstieg der Robo-Advisors – automatisierte Plattformen, die Menschen dabei helfen, gegen relativ geringe Gebühren in diversifizierte Portfolios zu investieren. Diese Plattformen machen das Investieren für den Durchschnittsbürger zugänglicher und weniger einschüchternd und helfen ihm, seine Angst vor Komplexität zu überwinden.
6.2. Wachsendes Bewusstsein für Indexfonds und ETFs
Auch das Bewusstsein für passive Anlageinstrumente wie Indexfonds und börsengehandelte Fonds (ETFs) hat zugenommen. Diese kostengünstigen Optionen ermöglichen es Einzelpersonen, in einen breiten Marktindex zu investieren, anstatt einzelne Aktien auszuwählen, was für Erstinvestoren weniger riskant und zugänglicher erscheinen kann. Im letzten Jahrzehnt haben ETFs in Deutschland an Bedeutung gewonnen, insbesondere bei jüngeren und technisch versierten Anlegern.
Rückblick
Die Gründe, warum die Deutschen ihr Geld so schlecht in den Aktienmarkt investieren, liegen tief in historischen Erfahrungen, kulturellen Werten, Risikoaversion und mangelnder Finanzkompetenz. Eine Vorliebe für Stabilität, kombiniert mit einem allgemeinen Misstrauen gegenüber Finanzmärkten und -instituten, hat dazu geführt, dass viele Deutsche Aktien meiden und sich stattdessen auf sicherere, renditeschwache Anlagen wie Sparkonten und Immobilien konzentrieren.
Da die niedrigen Zinsen jedoch anhalten und die Erosion der Kaufkraft deutlicher wird, beginnen immer mehr Deutsche – insbesondere jüngere Generationen –, in den Aktienmarkt zu investieren, unterstützt durch den Aufstieg von ETFs, Robo-Advisors und wachsender Finanzkompetenz. Auch wenn es einige Zeit dauern kann, könnte dieser Wandel den Deutschen helfen, das Vermögensaufbaupotenzial des Aktienmarkts in Zukunft besser zu nutzen.